Zählen Lebensversicherungen zu den spekulativen Anlageformen?

verfasst von Florian Sollfrank (Stand: 07/11)

Sie gehören hierzulande zu den am meisten verkauften Geldanlageformen und Altersvorsorgeprodukten: Kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen. Die rund 82 Millionen Einwohner Deutschlands besitzen laut dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GdV) etwa 90 Millionen Kapitallebensversicherungen. Somit kann durchaus ohne Übertreibung festgestellt werden, dass die Lebensversicherung die Mainstream-Anlage schlechthin ist.

 

Es gibt jedoch zahlreiche gute Gründe anzunehmen, dass die Risiken dieses Vorsorgemodells gerade in den letzten Jahren exorbitant zugenommen haben:

 

So würde man beispielsweise von jedem rationalen Investor angesichts der Finanzkrise erwarten, dass dieser den Großteil seines Vermögens vor Inflation und Staatsbankrott schützen möchte. Schließlich sollte der Wunsch nach Kapitalerhalt an vorderster Stelle stehen. Gerade Kunden, die kapitalbildende Lebensversicherungen abschließen, dürften dies eben nicht aus Spekulationszwecken tun.

 

Doch sind die Versicherer mit den Geldern ihrer Kunden tatsächlich so investiert, dass sie den Herausforderungen einer Finanzkrise standhalten können? Das lässt sich leicht herausfinden, indem man nachforscht, wie diese die entsprechenden Gelder angelegt haben. Um es vorweg zu nehmen: Die Antwort ist ernüchternd! Etwa 85% des Kapitals sind laut dem Autor Michael Grandt (siehe Buch: „Der Crash der Lebensversicherungen“) – mit Verweis auf GdV- und BaFin-Daten – direkt oder indirekt in Schuldtiteln (=Zahlungsversprechen) angelegt. Dagegen werden nur rund 10% im Immobilienbereich investiert, die Aktienquoten liegen sogar meist nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Edelmetalle spielen bei den Versicherern überhaupt keine Rolle. Somit sind also gerade diejenigen Anlageformen am wenigsten repräsentiert, welche die Kaufkraft der Kunden vor Inflation und Staatspleiten traditionell am besten schützen würden (insbesondere Edelmetalle)! Um gegenüber den Versicherern fair zu sein, sollte erwähnt werden, dass die besagten Investitionsquoten zu einem großen Teil auch staatlich vorgeschrieben sind und die Unternehmen somit tatsächlich wenig Handlungsspielraum bei deren Festlegung haben dürften. Nur wird hierdurch die Ausgangslage für den Kunden trotzdem nicht besser.

 

Wenn schon der Großteil der Anlagesummen in Schuldtitel fließt, sollten die Versicherungskunden zumindest erwarten dürfen, dass deren Guthaben wenigstens in solide Finanztitel mit bester Bonität investiert werden – sollte man meinen! Laut „Gerüchten“ sollen aber mehrere große Versicherungen massiv in italienischen und spanischen Anleihen investiert sein, die mittlerweile bekanntlich auch zu den Wackelkandidaten in der Eurozone zählen. An solchen Einschätzungen dürfte mehr als nur ein Fünkchen Wahrheit sein. Der Grund: Die Versicherer weisen derzeit durchschnittlich häufig Überschussbeteiligungen von über 4% aus (z. B. Allianz 4,1% für das Jahr 2011). Wenn man davon ausgeht, dass diese Renditen nicht aus der Substanz sondern aus dem laufenden Ertrag finanziert werden, muss die Frage erlaubt sein, mit welchen Anleihen die Versicherer aktuell solche Zinsen überhaupt erwirtschaften können?

 

Mit den Anleihen der noch als solider eingestuften Länder wie Deutschland, Österreich, Niederlande, etc. ist dies jedenfalls nicht möglich! Dagegen bezahlen Länder wie Spanien und Italien durchaus Zinsen von über 4,1%. Diese müssen aufgrund der niedrigeren Bonität entsprechende Risikoaufschläge bezahlen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

 

Allerdings sind selbst Versicherungen, die nicht direkt in „PIGS-Staaten“ investiert sind, mittlerweile indirekt dort beteiligt. Der Grund hierfür ist, dass die Versicherungswirtschaft etwa die Hälfte ihrer Anlagen über Namensschuldverschreibungen und Darlehen bei Banken angelegt hat. Das Problem dabei besteht nun darin, dass der deutsche Bankensektor mit über 420 Milliarden Euro allein in Griechenland, Irland, Portugal und Spanien investiert ist, wie die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) recherchierte. Diese Zahl gewinnt noch an zusätzlicher Aussagekraft, wenn man berücksichtigt, dass das Eigenkapital aller heimischen Banken derzeit laut Bundesbank nur rund 348 Milliarden Euro beträgt. Obwohl von den Banken so große Summen in potenzielle Pleitekandidaten investiert wurden, überlassen die Versicherungen diesen dennoch die Hälfte ihrer Einlagen!

 

Sollte sich in Zukunft das neueste Rettungspaket für den nächsten Wackelkandidaten der Eurozone einmal nicht mehr stemmen lassen, nehmen natürlich auch automatisch die Ausfallwahrscheinlichkeiten solcher Papiere dramatisch zu – mit entsprechenden Folgen für die jeweiligen Versicherungsverträge. Ist den Kunden eigentlich bewusst, dass Teile Ihrer „doch so sicheren“ Geldanlage in dieser Form investiert wurden?

 

Als Fazit lässt sich sagen, dass die klassisch kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherung mittlerweile nur noch nach außen den Anschein von Sicherheit aufweist. Zum einen ist sie als fast ausschließlicher „Papiertiger“ nicht vor der zunehmenden Inflation geschützt, d. h. deren Kaufkraft sinkt über die Jahre beträchtlich zusammen. Zum anderen existieren nicht zu unterschätzende Ausfallrisiken bei den Schuldpapieren, in welche beträchtliche Teile der Anlagegelder direkt oder indirekt investiert sind.

 

Es ist davon auszugehen, dass die Finanzkrise erst dann überstanden sein dürfte, wenn die über Jahrzehnte aufgebaute Überschuldung durch Inflation und Bankrotterklärungen in zahlreichen Ländern deutlich reduziert wurde. Bis dahin sollte man kapitalgebundene Lebens- und Rentenversicherungen möglichst meiden, da es sich in diesen Zeiten tatsächlich um eine spekulative Anlageform handeln dürfte.

 

Wir helfen Ihnen übrigens gerne eine sachwertorientierte Investmentalternative zu finden, schließlich soll es Ihnen doch nicht so gehen, wie im nachfolgenden Zitat:

 

„Ihr Geld ist nicht verloren – es hat jetzt nur ein anderer.“ (Börsenweisheit)

 

 

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